Mittwoch, 14. November 2012

App Store – Vertriebsnetz vs. Zensur


Mit dem App Store stellt die Firma Apple Inc. ein weltweites, viel frequentiertes Vertriebsnetz für Computerprogramme zur Verfügung. Die millionenfach verkauften Geräte iPhone, iPod touch und iPad können Programme nur von dort beziehen, sofern der Nutzer keine tief gehenden Veränderungen am Betriebssystem vorgenommen hat.
Um Apps auf diesem Vertriebsweg anbieten zu können, sollen sich Entwickler jedoch an eine Reihe von Vorgaben halten. Anderenfalls behält sich Apple vor, die App nicht zuzulassen oder wieder aus dem Shop und von den Geräten zu entfernen. Neben technischen Vorgaben ist auch das zeigen von Inhalten untersagt, die von der amerikanischen Firma als "anstößig" definiert werden. Dazu zählen erotische Inhalte, das Verharmlosen von Drogenkonsum, Meinungen zu amerikanischen Parteien, Karikaturen von Personen des öffentlichen Lebens sowie Aussagen, die religiose Gefühle verletzen könnten.

Abgesehen von der viel diskutierten Frage, ob eine Firma auf ihrer Plattform Inhalte zensieren darf, entspricht die verwendete Definition von "anstößig" nicht zwangsläufig den deutschen oder europäischen Moralvorstellungen. Dazu einige Beispiele:

      1. Beispiel: Erotik

Die iPad-App "Frauen - Picasso, Beckmann, de Kooning" der Münchner Pinakothek der Moderne war eine Woche lang nicht im App Store zu finden, weil Beckmanns "Schlafende" – ein Ölgemälde von 1924 mit einer unbekleideten Frau – auf einem der Vorschaubilder in iTunes zu sehen war. Das Bild wurde aus der Vorschau entfernt, ist in der App allerdings noch vertreten. Die App ist jetzt mit einer Alterbeschränkung ab 12 Jahren und einer Warnung vor sexuellen Inhalten versehen. [Quelle Fokus

      2. Beispiel: Karikaturen von Personen im öffentlichen Leben

Als Mark Fiore 2009 seine App mit politischen Karikaturen veröffentlichen wollte, wurde er zurückgewiesen. „NewsToons“ kam erst in den App Store, nachdem der Zeichner mit dem Pulitzer ausgezeichnet wurde. [Quelle Bild]

      3. Beispiel: Politische Stellungnahmen

Die App "Freedom Time" zählte die Sekunden bis zum Ende der Präsidentschaft von George W. Bush. Sie wurde ebenso gelöscht die App "Obama Trampoline", in der hüpfende Politgrößen im Weiße Haus Luftballons zum platzen bringen sollten. [Quellen juggleware und techcrunch

      4. Beispiel: Religiöse Inhalte 

In "Me so holy“ konnten Nutzer Fotografien von ihren Gesichtern in Heiligendarstellungen reinkopieren. Für die einen ein mittelmäßiger Witz, für Apple "anstößig" und von daher nicht im App Store zu finden. [Quelle wired]
Fazit

Wer Apps für die breite Masse an iPhone-, iPod touch- und iPad-Nutzern veröffentlichen möchte, muss den Vertriebsweg "App Store" nehmen. Dies bedeutet, dass man sich den etischen und technischen Vorstellungen einer amerikanischen Firma anpassen muss oder die Gefahr eingeht, dass die App zurückgewiesen wird. 

Die von Apple-Mitarbeitern getroffenen Entscheidungen, ob eine App in den Store darf oder nicht, scheinen zuweilen sehr willkürlich zu sein. Während eine App wegen einer Kleinigkeit zurückgewiesen wird, kommt eine andere mit viel zweifelhafterem Inhalt in den Store.

Als positiv an Apples Review-Prozess wird gewertet, dass im App Store weniger Schadsoftware und fehlerhafte Programme zu finden sind, als zum Beispiel in dem offener gestalteten Google Play Store. [Vgl. Googles developer content policy]


Empfehlung der Autorin

Museums-Apps sind in der Regel nicht von Löschung oder Annahmeverweigerung bedroht. Vorauseilender Gehorsam mag unter Umständen vorteilhaft sein, wenn eine App unbedingt im kürzestmöglichen Zeitraum in den Store soll. Ansonsten empfiehlt sich: einfach versuchen und bei einer Ablehnung Änderungen vornehmen und erneut einreichen. In letztem Fall findet sich sicher auch eine Zeitung, die ein bisschen zusätzliche Publicity für die App macht.

Außerdem bleibt der Fakt: wenn ein Museum an den Orten präsent sein will, an denen die Menschen im Alltag Zeit verbringen, wird es an amerikanischen Firmen und ihren Vorgaben nicht vorbeikommen. Leider gibt es weder ein europäisches Apple, noch ein Google, Amazon oder Facebook – die Nutzer tümmeln sich auf den deutschsprachigen Ablegern amerikanischer Plattformen. 


Kurzinfo zum App Store

Mit dem App Store hat die Firma Apple Inc. 2008 den ersten Marktplatz für smartphoneoptimierte Computerprogramme online gestellt. Die dort angebotenen Apps können ausschließlich von iOS-Geräten – also iPhone, iPod touch und iPad – genutzt werden. Nutzer können auf den Store mit der auf jedem iOS-Gerät vorinstallieren App oder über das Desktop-Computerprogamm iTunes zugreifen. Über Suchmaschinen [Suchworte z.B. iTunes+Name der App] kann man auf die in iTunes angezeigten Informationen zu den einzelnen Apps im Internet zugreifen.  

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